Sie haben noch knapp 3 Wochen Zeit, um die Mehrwertsteuer-Anpassung in Ihrem ERP-System vorzunehmen und die Sätze von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % umzustellen. Hier erhalten Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie diese Anpassung in Microsoft Dynamics Business Central gelingt. Sie nutzen dafür die Umstellungsroutine, die ab der Version Dynamics NAV 2013 zur Verfügung steht.
Seit dem 5. Juni 2020 ist es beschlossene Sache: Die Mehrwertsteuer wird vorübergehend gesenkt: Der reguläre Mehrwertsteuersatz sinkt vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 von 19 % auf 16 %, der reduzierte Mehrwertsteuersatz sinkt von 7 % auf 5 %.
Diese Maßnahme soll in erster Linie die Kaufkraft stärken und damit die Wirtschaft wieder ankurbeln. Für die Unternehmen ist dies jedoch mit einem gewissen Aufwand verbunden!
Vorüberlegungen
Bevor Sie mit der Umstellung beginnen, sollten Sie sich über ein paar Dinge Gedanken machen, denn in Business Central zieht sich diese Umstellung durch alle Bereiche. Sie müssen die Einrichtungen für die neuen Steuersätze anlegen und die Stammdaten entsprechend anpassen.
Aber auch in der Finanzbuchhaltung ist zu beachten, dass möglicherweise neue Konten für die bald geltenden Steuersätze angelegt und zugeordnet werden müssen. Im Hinblick auf die Einrichtung neuer Konten in der Finanzbuchhaltung sollten Sie am besten Ihren Steuerberater hinzuziehen.
Außerdem müssen Sie alle noch offenen Belege, sowohl einkaufs- als auch verkaufsseitig anpassen und die neuen Steuersätze hinterlegen. Es kann von Vorteil sein, wenn Sie vor der Umstellung klären, welche der offenen Belege, noch geschlossen werden können. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Umstellung Fehler auftreten.
Bitte beachten Sie: Die folgende Step-by-Step-Anleitung basiert auf einer nicht angepassten Installation von Business Central und deckt keine Spezialfälle ab. Wenn Sie eine angepasste Installation haben oder aber Bedenken wegen nicht abgedeckter Spezialfälle haben, überlassen Sie die Umstellung der Mehrwertsteuer besser Ihrem Business-Central-Partner. Wir unterstützen Sie gerne!
In jedem Fall sollten Sie die Umstellung zuerst auf einem aktuellen Testsystem durchführen, damit Sie bei der Live-Umstellung in der Nacht zum 1. Juli vor unliebsamen Überraschungen gefeit sind.
Schritt 1: Mehrwertsteuerkonten in der Finanzbuchhaltung einrichten
Wenn Sie einen Blick in Ihre „MwSt.-Buchungsmatrix Einrichtung“ werfen, sehen Sie die verschiedenen Kombinationen Ihrer Geschäftsvorfälle hinsichtlich der Vor- bzw. Umsatzsteuerbuchungen. Auf der rechten Seite wird dargestellt, welche Konten für die Buchungen der Steuer herangezogen werden.
Wenn Sie über die Suche den „Kontenplan“ aufrufen und nach „19 %“ oder „7 %“ suchen, finden Sie die Konten wieder, die Sie zuvor schon in der Buchungsmatrix gesehen haben. Vermutlich finden Sie sogar noch einige Konten mehr. Hier müssen Sie mit Ihrem Steuerberater oder Ihrer Finanzbuchhaltung klären, welche Konten verwendet werden und welche Konten Sie auch für 16 % bzw. 5 % Vorsteuer und Umsatzsteuer anlegen müssen.
Schritt 2: Mehrwertsteuer-Produktbuchungsgruppen anlegen
Über die Suche erreichen Sie die Einrichtung der „MwSt.-Produktbuchungsgruppen“. Folgende Liste sollten Sie vorfinden, wobei die Einträge bei Ihnen natürlich leicht abweichen können:
Sie müssen nun die neuen Buchungsgruppen anlegen:
Schritt 3: Mehrwertsteuer-Buchungsmatrix einrichten
In der Buchungsmatrix müssen Sie nun alle Zeilen für 19 % bzw. 7 % auch für 16 % und 5% anlegen. Bei den Fibu-Konten müssen Sie die zuvor angelegten, neuen Konten hinterlegen.
Wichtig: In der Spalte „MwSt. %“ wird nun der tatsächliche Steuersatz hinterlegt, also 16 bzw. 5.
Schritt 4: Produktbuchungsgruppen einrichten
Wenn Sie in der „Buchungsmatrix Einrichtung“ Konten hinterlegt haben, die steuersatzspezifisch sind, müssen Sie die Produktbuchungsgruppen ebenfalls anpassen:
Sie können entweder die korrekten Konten für 16 % und 5 % den vorhanden Buchungsgruppen hinterlegen oder aber auch hier neue Buchungsgruppen anlegen.
Wichtig: Wenn Sie nur die Konten bei der bestehenden Einrichtung ändern wollen, können Sie dies erst in der Nacht zum 1. Juli durchführen, da dies sofort den laufenden Betrieb beeinflusst!
Wenn Sie sich entscheiden, neue Buchungsgruppen anzulegen, dann können Sie so vorgehen, wie bei Schritt 2: Mehrwertsteuer-Produktbuchungsgruppen anlegen.
Schritt 5: Routine zur Umstellung der Buchungsgruppen einrichten
Nun haben Sie Ihr System soweit vorbereitet, dass die Umstellungsroutine eingerichtet werden kann. Dazu rufen Sie über die Suche die „Einrichtung der MwSt.-Satzänderung“ auf:
Über die 1. Schaltfläche erreichen Sie die Zuweisungstabelle, in der festgelegt wird, welche Buchungsgruppen zueinander gehören:
Das gleiche müssen Sie über die 2. Schaltfläche auch für die Produktbuchungsgruppen durchführen, sofern Sie neue Produktbuchungsgruppen angelegt und eingerichtet haben.
Anschließend sollten Sie in der Einrichtung der MwSt.-Satzänderung die Einstellungen einzeln prüfen und die Auswahl treffen, die auf Ihre Anforderungen zutrifft.
Wenn Sie bei der Einrichtung der Produktbuchungsgruppen lediglich die Konten gewechselt haben, reicht es, nur die MwSt.-Produktbuchungsgruppen zu aktualisieren.
Wenn Sie allerdings neue Produktbuchungsgruppen angelegt und eingerichtet haben, müssen Sie hier fallweise entscheiden, welche Einstellung zutrifft.
Unter „Masterdaten“ sehen Sie die 3 Felder „Kontofilter“, „Artikelfilter“ und „Ressourcenfilter“. Diese Felder dienen dazu, die Stammdaten einzuschränken, falls nicht alle der Stammdaten aktualisiert werden sollen.
Dies trifft z. B. auf Konten zu, die speziell für 19 % Umsatzsteuer angelegt sind. An diesen Konten soll weiterhin die MwSt.-Produktbuchungsgruppe für 19% Mehrwertsteuer hinterlegt bleiben.
Ein Beispiel wäre das Konto „8400 – Erlöse 19 % Ust“. Um dieses Konto von der Routine auszuschließen, kann der Filter wie folgt gesetzt werden:

Im Detail müssen Sie dies mit Ihrem Steuerberater bzw. Ihrer Finanzbuchhaltung und/oder den entsprechenden Fachabteilungen abstimmen.
Schritt 6: Routine ausführen
Nachdem Sie die Einrichtung abgeschlossen haben, können Sie die Umstellung ausführen. Sie haben die Möglichkeit, einen Testlauf durchzuführen. Dies steuern Sie mit dem Schalter „Konvertierung durchführen“:

Wenn dieser Schalter nicht gesetzt ist, startet die Schaltfläche „Konvertieren“ lediglich einen Testlauf. Und Sie können über die Änderungsprotokollposten, die auch über eine Schaltfläche zu erreichen sind, kontrollieren, ob die Änderungen korrekt sind.
Wenn Sie sich sicher sind und die Umstellungen starten wollen, setzen Sie den Schalter „Konvertierung durchführen“ und drücken erneut auf die Schaltfläche „Konvertieren“.
Hier nochmals der Hinweis: Bitte unbedingt die Konvertierung zuvor in einem separaten Testsystem testen. Außerdem sollten Sie auch unmittelbar vor der Umstellung, in der Nacht zum 1. Juli, eine Datensicherung des Live-Systems durchführen.
Nacharbeiten
Im Zuge der Umstellungen sollten Sie auch die Abrechnung für die Umsatzsteuervoranmeldung anpassen. Außerdem kann es sein, dass Auswertungen von den Änderungen am Kontenplan betroffen sind und nun nicht mehr korrekt funktionieren. In beiden Fällen müssen die alten Konten durch die neuen Konten ersetzt werden.
Zum 1. Januar 2021 können Sie diese Anleitung erneut zu Rate ziehen. Dann muss alles wieder rückgängig gemacht werden und wieder auf 19 % bzw. 7 % umgestellt werden.
Wenn Sie Unterstützung bei der Anpassung der Mehrwertsteuer in Ihrem ERP-System benötigen, stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.
Schreiben Sie mir gerne, wie Sie die Umstellung der Mehrwertsteuer gelöst haben oder welche Schwierigkeiten ggf. aufgetreten sind – ich freue mich auf Ihren Kommentar!